Laser für besseres Filmerlebnis im Kino

5 Nov

Laser im Kino? IMAX? Was ist denn das alles? Braucht man das und wenn ja, wo bekomme ich das? Fangen wir von hinten an: IMAX-Kinos sind die Kinos mit der super großen Leinwand, bei denen man als Zuschauer – egal ob in 2 oder 3D – quasi im Bild versinkt. Es gibt sie in Berlin (IMAX im UCI Luxe am Mercedes-Platz), in Karlsruhe (Filmpalast am ZKM), Bochum (UCI-Kinowelt), Düsseldorf (UCI-Kinowelt, IMAX 3D with Laser Dual 4K), Leonberg (Traumpalast), Kassel (Filmpalast Kassel), Hamburg-Wandsbek und Hamburg-Othmarschen (UCI-Kinowelt) sowie in den Technikmuseen Sinsheim (IMAX 3D) und Speyer (Dome) [Stand Januar 2022].

2015 hatten sich die beiden damals existierenden IMAX-Kinos rechtzeitig zum Start des Bond-Films SPECTRE eine helle Laserprojekt und ein 12-Kanal-Soundsystem gegönnt, das die Eingeweide zum Tanzen bringt. Ob man das braucht, kommt darauf an welche Art von Filme man mag und ob man es geil findet Filme im Kino zu sehen. Für zuhause ist das nämlich alles nix. Und genau deshalb wird es auch gemacht. Wenn jemand wirklich den neusten heißen Scheiß im Kino braucht, dann ist es die Kinobranche selber, um sich von den ganzen Wohnzimmerkinos abzusetzen. Schließlich soll Kino ein einzigartiges Erlebnis sein, das man zuhause nicht nachmachen kann. Dafür wurde 3D entwickelt, das seine Hochzeit jedoch schon hinter sich hat. Dann folgten Tonsysteme, die den Zuschauer komplett einhüllen. Und 2015 die Laserprojektion, mit deren Hilfe das Bild noch einmal wahrnehmbar besser wird. Sie steht auch normalen Kinos offen, lohnt sich aus wirtschaftlichen Gründen jedoch nicht immer. Die erste Laserprojektion in einem normalen deutschen Kino befindet sich im Kölner Cinedom und hat mit dem verbauten Dolby Atmos-Ton eine schlappe Millionen gekostet. Alles was im Folgenden über Kontrast, Helligkeit, Bildschärfe und Farbumfang gesagt wird, gilt auch hier.

Das IMAX-Bild

Ziel der kanadischen Firma IMAX war es schon immer den Zuschauer tief in das Geschehen des Film hinein ziehen. Zuerst mit seinen Natur-Dokumentationen, dann mit kürzeren Spielfilmen und schließlich mit regulären Kinofilmen, die für die IMAX-Vorstellungen gepimpt werden. Für einige Filme werden spezielle IMAX-Sequenzen mit einer von IMAX entwickelten Spezialkamera gedreht. Diese Szenen füllen die komplette Leinwand aus und saugen den Zuschauer in das Bild hinein. Möglich wird dies durch das IMAX-Bildformat von 1.43:1, das deutlich höher ist, als das normale Kinobild. In einem IMAX-Kino sitzt man recht nahe an der Leinwand. Dies und das Bildformat führen dazu, dass das menschliche Sehfeld – also der Bereich, den man mit den Augen erfasst – innerhalb des Bildes liegt. Dadurch entsteht der Eindruck, man sitze im Geschehen. Im normalen Kino und vor allem zuhause, sieht man immer über die Begrenzung des Bilds hinweg. Deshalb ist der Slogan von IMAX auch: „See A Movie – Or Be Part Of One“. Alle Filme, die in IMAX-Kinos gezeigt werden, werden zudem einem speziellen, selbst entwickelten DMR – oder Digital Re-mastering – Prozess unterzogen, um das Maximum an Bildqualität heraus zu holen.

Hitzebeständiges Gehäuse für den Laser

Das war alles auch schon mit der guten alten Xenon-Lichtquelle sehr beeindruckend. Mit der Laserprojektion ist man nun einen großen Schritt weiter gegangen. Brian Bonnick, Chief Technology Officer bei IMAX sagt dazu in einem Erklärfilm: „Wir bei IMAX haben eine lange Tradition bei der Entwicklung innovativer Techniken. Ständig suchen wir nach Wegen, wie wir sie verbessern können. Als es um die Entwicklung unseres Laser-Systems ging, haben wir uns dazu entschlossen die Sache komplett anders anzugehen, als die Mitbewerber. Wir haben das Lichtgehäuse neu entworfen, um zu verhindern, dass sie sich durch die Hitze des Lasers verformen, aber auch um den Kontrast innerhalb eines Bildes zu erhöhen. Das gelang uns dadurch, dass wir auf das Glasprisma verzichtet haben, das Bestandteil jeden Projektors ist, egal ob bei herkömmlichen mit Xenon-Lampe oder mit Laser. Wir ersetzten es durch ein patentiertes Lichtgehäuse, innerhalb dessen sich die Spiegel befinden. Es besteht aus Invar, einem sehr hitzebeständigen Metall.“ Hitzebeständigkeit ist deswegen wichtig, weil es zu Unschärfen in der Projektion käme, wenn sich das Material bewegte, an dem die Spiegel befestigt sind, die das Licht von der Quelle zur Leinwand lenken.

Kontrast innerhalb des Bilds entscheidet ob schwarz auch schwarz ist

Der wesentliche Fortschritt von Laser ist allerdings nicht seine etwa 50-prozentig höhere Helligkeit bei 2D-Filmen, sondern der verbesserte Kontrast- und Farbumfang. Normale Lichtquellen sind nicht in der Lage das komplette Farbspektrum abzubilden. Das ist in der Regel vernachlässigbar. Aber wenn es darum geht, dass schwarze Stellen wirklich schwarz sind und man außerdem noch genau erkennen will, was sich in den dunklen Bereichen versteckt, muss man einen sehr guten Kontrast innerhalb eines Bildes und eine hohe Farbtiefe haben. Das heißt im Wesentlichen, dass die hellen Stellen die dunklen Stellen nicht aufhellen dürfen. Ich hatte immer gedacht „Schwarz-ist-bei-Laser-wirklich-schwarz“ sei ein Werbeversprechen, aber: ein solches Schwarz wie dort habe ich noch nie gesehen. Selbst Peter Gabriels in 4K gedrehter Konzertfilm BACK TO BACK kommt da nicht ganz ran.

Das echte Schwarz trägt zum Filmerleben bei, wie man es sich ohne es selber gesehen zu haben kaum vorstellen kann! Als das neue System in Berlin der Presse vorgestellt wurde, wurde u.a. ein Ausschnitt aus einem alten Rolling Stones-Konzertfilm gezeigt, der mit analogem IMAX-Filmmaterial aufgenommen und für die Demonstration digitalisiert wurde. Es war ein nächtliches Open-Air-Stadion-Konzert und es war, als ob man selber dabei war. Es war scharf, schwarz war schwarz und der Kontrast und die Farben waren so natürlich wie im echten Leben. Und vor allem der Ton stimmte in jeder Hinsicht: Er war voll, laut und man konnte die Richtung identifizieren, aus der er kam, was auch bedeutet, dass Gesang und die einzelnen Instrumente nicht in einem Mischmasch absoffen. Eins steht fest: Wenn IMAX einen Re-Release des Films macht, bin ich einer der Ersten, der eine Karte dafür kauft.

Nachbauen des natürlichen Erlebnisses

Das IMAX-Erlebnis fußt darauf, dass natürliche Erleben nachzubilden. „Wir sind mehr an der realistischen Erfahrung, als an technischer Präzision interessiert“, sagt Giovanni Dolci, Vice President Theatre Development EMEA bei IMAX. Das bedeutet, dass einerseits keine technischen Spezifikation veröffentlicht werden und das in gewisser Weise so getan wird als ob. Während Dolby Atmos ein komplexes System für seinen Ton entwickelt hat, nutzt IMAX hier die Triangulation. Hierbei wird der Ton über verschiedene Wellenlängen über drei Lautsprecher abgestrahlt, wodurch, wie bei Atmos, ebenfalls eine Positionierung des Sounds stattfindet.

Laser und 3D

Einen weiteren Vorteil beim Filmerleben verspricht die Laserprojektion bei stereoskopischen 3D-Filmen. Bei 3D verliert man immer an Helligkeit. Das liegt daran, dass die Technik einfach Licht schluckt. Hier kann man nur gegenhalten indem man das Licht hoch schraubt, was mit Laser am besten geht. Allerdings hat die von IMAX entwickelte 3D-Lösung nicht wirklich überzeugt. Mindestens zwei Zuschauer, darunter ich, formulierten bei der Pressekonferenz Probleme beim Sehen. In meinem Fall tat mir das linke Auge weh. Vielleicht verschwinden die Probleme nach einer Eingewöhnungsphase. Das wäre nicht untypisch für stereoskopisches 3D, schließlich ist es für die Augen und das Gehirn mit einer immens großen Anstrengung verbunden, die uns, dem Zuschauer verborgen bleibt, weil Gehirn und Augen in der Regel in der Lage sind dies zu bewältigen. Wussten Sie eigentlich, dass wir alles auf dem Kopf stehend sehen und das Gehirn das Bild umdreht? Außerdem setzt es die beiden Bilder der beiden Augen zu einem 3D-Bild zusammen – auch in eben diesem Moment, in dem Sie dies hier lesen [obwohl es 2D ist].

Was aber objektiv bei den Brillen nervt und auch kontraproduktiv ist, ist die Spiegelung des von hinten kommenden Projektorlichts in den auch innen verspiegelten Brillen und von den unteren, äußeren Ecken geht ständig ein Schimmer aus, der extrem irritierend ist.

Die Zahlen

Der Umbau des IMAX in Berlin 2015 hat ca. 2 Millionen Euro gekostet (der des IMAX am ZKM in Karlsruhe wahrscheinlich auch). Dieses IMAX gibt es nicht mehr. Es wurde aber ein neues im UCI Luxe am Mercedes-Platz errichtet. Die Entwicklung des Laser- und neuen Tonsystems hat 60 Millionen Dollar verschlungen. Weltweit gab es Ende Juni 2021 1.654 IMAX-Kinos in 85 Ländern. Die größte IMAX-Leinwand der Welt befindet sich im Traumpalast Multiplex in Leonberg.

Die Technik für die Laserprojektion wurde von IMAX selber mit Hilfe von Patenten entwickelt, die die Firma von Kodak kaufte. Unterstützt wurde IMAX dabei von dem belgischen Projektorhersteller Barco. Technikpartner beim Tonsystem, ebenfalls eine Eigenentwicklung, ist Audyssey.

Was es zu sehen gibt [die Liste hinter diesem Link wird ständig aktuell gehalten]

IMAX möchte mit seinem System, das auch spezielle Kameras einschließt, den Kreativen neue Möglichkeiten an die Hand geben. „Wir wollen, dass Filmemacher ihre Filme mit IMAX im Hinterkopf entwickeln“, sagt Giovanni Dolci bei der Präsentation der Laserprojektion 2015 in Berlin und verweist darauf, dass der Batman-Film THE DARK KNIGHT hier bereits Türen geöffnet hat. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist der Farbumfang, der als künstlerisches Gestaltungsmittel bislang nicht genutzt werden konnte, weil er im Kino, aber auch im Fernsehen, nicht dargestellt werden konnte, was sich jedoch auf allen Ebenen – Stichwort High Dynamic Range [HDR]– gerade ändert.

Erklärung: der Artikel kam 2015 mit Hilfe von IMAX Berlin und dem Betreiber Cinestar zustande, die mich und jeden anderen interessierten Journalisten zu einer Präsentation/Pressekonferenz der Technik eingeladen hatten. Ich habe weder von IMAX noch Cinestar Karten für Vorstellungen oder eine andere Art der Kompensation erhalten, noch wurde mir dies in Aussicht gestellt. Teile des Beitrags wurden Anfang Januar 2022 aktualisiert.