Endspurt zum Berlin Marathon 2017

20 Sep
Beim Training, integriert in den Mut-Lauf 2017 auf dem Tempelhofer Feld
Beim Training, integriert in den Mut-Lauf 2017 auf dem Tempelhofer Feld
Trinkrucksack + Langeweile + Fazit Training

Training nutzt tatsächlich was. Meine Wadenmuskel sind fast quadratisch und hart wie der Boden, auf dem ich laufe. Am besten läuft es sich übrigens auf Asphalt. Wiese, Wege, Waldboden sind gut für gemütliches dahin joggen, aber nicht für konzentriertes Training, da sie zu uneben sind und man ständig darauf achten muss nicht zu stolpern oder umzuknicken, was dann das Aus bedeuten würde. Auch bin ich erstaunlich schnell. Lautet die Übung, soundsoviel Minuten bei 80 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz, dann laufe ich immer schneller als 5 Minuten/km. Das wäre die Zeit, die ich im Schnitt laufen müsste, um den Marathon in dreieinhalb Stunden zu schaffen. Dafür trainiere ich. Und je näher ich am 24. an diese Zeit komme, desto glücklicher werde ich sein. Aber alles unter 3 Stunden 54 Minuten (meine Zeit von 2015) macht mich genauso glücklich.

Das Ziel heuer ist übrigens genau dasselbe wie bei meinem ersten Marathon: deutlich unter vier Stunden – ohne Gehpausen – auf den eigenen zwei Beinen ankommen. Doch genug der Selbstdarstellung. Was lässt sich aus zwölf Wochen Marathon-Training mitteilen, das einen Nutzwert – eine Relevanz – für andere hat?

Da ist zuerst einmal, dass es erstaunlich einfach ist das Training durchzuziehen, wenn man das gesteckte Ziel nur fest genug im Auge hat. Oft genug habe ich mich damit zum Training motiviert, es ‚abzukürzen‘, nicht die Vorgabe zu erfüllen. Es ist immer erlaubt das Training anzupassen. Das muss man manchmal aus beruflichen Gründen auch. Nur an den ganz langen Läufe am Wochenende sollte man nichts ändern. Sie sind essentiell für das Gelingen des Unternehmen Marathon, weil sie den Körper daran gewöhnen überhaupt so lange laufen zu können.

Habe ich mich also irgendwie überredet mein Training endlich zu beginnen, war rasch auch alles tutti und es wäre mir nur vor mir selber peinlich gewesen, nun ‚abzukürzen‘. Eigentlich habe ich mich auch nie danach gefühlt. Das Bedürfnis es zu Ende zu bringen war immer stärker. Auch war immer genügend Kraft und Wille vorhanden, es durchzuziehen. So wurde ein Trainingseffekt bereits während des Trainings voll sichtbar: zu wissen, dass es eine positive Entwicklung gibt, die mich meinem Ziel näher bringt. Übrigens gibt es niemanden, der ein absolviertes Training je bereut hat – bereut werden nur die Trainings, vor denen man sich gedrückt hat.

Lediglich an zwei, drei Tagen habe ich mir Abweichungen vom Trainingsplan zugestanden. Das waren die Tage, an denen es so heiß und die Luftfeuchtigkeit so hoch war, dass der Körper es überhaupt nicht geschafft hätte die geforderte Leistung zu bringen. Hier dann einen Gang zurück zu schalten, ist allerdings auch ein Gebot von Vernunft und Gesundheit.

Bin ich bei den kurzen Läufen damit beschäftigt, die Geschwindigkeit einzuhalten so dass ich sogar die Musik auf den Ohren nur noch ab und zu wahrnehme, wird mir bei den langen Läufen schnell langweilig. Das habe ich dadurch gelöst, dass ich einfach mal querstadtein gelaufen bin, anstatt meiner ‚Standardroute‘ entlang der Spree zum Schlosspark Charlottenburg und zurück. Das war eine ziemlich gute Entscheidung und Sonntagvormittags, wenn die Luft im Sommer noch lauffreundlich kühl ist, ist auch der Autoverkehr nicht so stark, so dass ich meist zügig die Straßen queren konnte. So führten mich die langen Touren aus Kreuzberg raus nach Charlottenburg, Wilmersdorf, Schöneberg, Steglitz, den Wedding, Tempelhof, Tiergarten, Mitte und Prenzlauer Berg.

Zu sehen gab es: Zombies, die aus den Clubs kriechen; Ratten, die zu fett sind geschwind weg zu rennen; überquellende, viel zu kleine Mülleimer, aus denen das Futter für die Ratten fällt; frühe Touristen und Gassigeher; Frühstücksläden, die gerade öffnen sowie tolle Architektur, Plätze, Straßen und Stadträume, die ich sonst nicht wahrnehme, weil ich an diesen Stellen einfach nicht vorbei komme.

Bei den Läufen zwischen 24 und 36 Kilometer Länge hatte ich immer meinen Trinkrucksack dabei. Beim Training für den ersten Marathon hatte ich erst lange keinen und das war ein Fehler. In der Regel habe ich die zwei Liter, die er fasst, immer gebraucht und wenn es besonders heiß war sogar noch mehr, was ich mir dann im Park am Gleisdreieck unter der U-Bahn-Brücke (ist das nicht ein Oxymoron?!) besorgt habe, wo ein Trinkbrunnen steht. Leider führten die zwei Kilo auf meinem Rücken zu Verspannungen im Schulterbereich.

Das Trainings-Fazit lautet: nicht immer alles so geschafft, wie im Plan vorgesehen. Aber ich habe immer versucht das Training durchzuziehen. Entweder indem ich langsamer gelaufen oder gar mal gegangen bin. Nur einmal habe ich am Anfang einen langen Lauf abgekürzt – da war es aber auch 28 Grad. Um der Sommerhitze zu entgehen, bin ich oft morgens gelaufen – eigentlich bin ich ein Abendläufer und komme morgens nicht gut aus dem Knick. Aber auch das funktioniert deutlich besser, als ich gedacht habe. Und dies obwohl der Organismus drei bis vier Stunden braucht, um richtig auf Betriebstemperatur zu kommen. Die Morgenläufe haben auch den Vorteil, dass der Verdauungstrakt nicht belastet ist. Zwei, drei Scheiben Vollkorntoast mit Marmelade aber ohne Fett dazwischen und ein ordentlich großer Espresso mit Rohrzucker reichen als Grundlage sogar für lange Läufe. Danach dann einen fetten Smoothie aus Orangensaft, Banane, Spinat, Ingwer, Mango und Proteinpulver!

Für Sonntag fühle ich mich fit. Jeder der letzten Läufe verlief exzellent. Bei den langen Läufen war jedoch immer ein Abfall zu beobachten. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass am Sonntag alles zusammen kommt: das Ausdauer- und Schnelligkeitstraining, der Sog durch die anderen Läufer und natürlich der Ansporn durch die Zuschauer am Rande – und nicht zuletzt das Bier am Ende. Wir sehen uns auf der Strecke!